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Pressetext
Blues March - Der Soldat Jon Hendricks
Ein Film von Malte Rauch

 
Der weltberühmte schwarze amerikanische Jazz-Musiker Jon Hendricks, der im September 2008 87 Jahre alt geworden ist, beschließt, einem Teil seiner Vergangenheit, den er gerne verdrängt hat, ins Auge zu sehen. Nachdem ihm Frankreich 2001 den Orden Legion d'Honneur verliehen hatte, bricht er im Sommer 2007 erneut auf, um die Stätten seiner ersten Begegnung mit Frankreich wiederzusehen. Das sind vor allem die Normandie (Omaha und Utah Beach), Caen, Epernay, Reims und Besancon.
1944, mit 23 Jahren, war Hendricks schon einmal hier, damals als Soldat einer Versorgungseinheit der US Army. Hendricks und seine farbigen Freunde fanden großen Anklang bei den Französinnnen, was den Neid der weißen GIs erregte, mit denen es dann zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Nach einer Schießerei verlangte Hendricks von seinem Vorgesetzten Waffen, um sich zu schützen. Was mit dem Argument verweigert wurde, er könnte doch keine Waffen verlangen, um auf amerikanische Soldaten zu schießen. »Was sind denn wir?«, fragte Hendricks seinen Captain und beschloß, zu desertieren.
»Ich nahm Stöße von Papieren mit .. Ausgangsgenehmigungen für 3 Tage, 7 Tage, 2 Wochen-Pässe. Anforderungen für Zucker, Salz, Eier.. für Benzin, für alles! Und steckte es in meinen Seesack. . außerdem verfaßte ich Anforderungen für 4 Karabiner, zwei 45er Pistolen, 2 halbschwere Lastwagen und einen Jeep aus dem Motorpool. All das machte ich in 20 Minuten, und ich unterschrieb mit dem Namen des Captains.
 
... Das war meine persönliche Kriegserklärung«, sagt Hendricks.
Er gründete eine Phantomeinheit mit vier anderen Schwarzen und einem Franzosen namens Roger, betätigte sich im Schwarzhandel und schwamm bald in Geld.
Natürlich kam ihm der CID (Criminal Investigation Division) auf die Schliche. Hendricks landete im Gefängnis und hatte eine Militärgerichtsverhandlung in Reims mit Todesurteil zu befürchten. Mit der Hilfe eines jüdischen Anwaltes aus der Bronx, blieb ihm das erspart. Stattdessen wurde er zu Zwangsarbeit verurteilt und nach etwa einem Jahr wegen guter Führung wieder in die Army eingegliedert. Er kam über Würzburg nach Bremerhaven und von da aus zurück in die Staaten. Die Überfahrt erfolgte zunächst in Fußfesseln, weil Hendricks, der sich in Bremerhaven in ein deutsches Mädchen verliebt hatte, nicht zurück wollte.
Auf dem Schiff hörte er den Song »Salt Peanuts« von Dizzie Gillespie - und war begeistert. Er nahm seine Sängerkarriere zunächst in New York wieder auf, wo er 1955 gemeinsam mit Dave Lambert und Annie Ross das Trio »Lambert, Hendricks & Ross« gründete, das bald zur heißesten Gruppe der Stadt avancierte.
Ein Jazzstar war geboren, über den der »New Grove Dictionary of Jazz« schrieb: »Er ist ein so guter Scat- Sänger und so erfahren im Imitieren von instrumentalischen Sounds, daß er mit seinen Gesangsimprovisationen die gespielten Solos seiner Mitstreiter übertrifft«.
Auch heute geht Hendricks noch auf Tournee, meistens mit seiner Tochter Aria, manchmal auch mit seiner Frau Judith, mit der er 48 Jahre zusammen ist. »Und sie ist immer noch mein Mädchen«, sagt Hendricks mit seinem unnachahmlichen Lächeln und zeigt uns vor dem Birdland Jazz Club in New York ihr Foto, das er immer mit sich führt.
 
Hendricks lebte lange in Toledo, Ohio, wo er eine Professur für Jazz hatte. Seine Vorlesungen und Kurse gehörten zu den Veranstaltungen mit dem größten Andrang. Er starb am 22.11.2017 in Manhattan, New York.
 
Unser Film BLUES MARCH - SOLDAT JON HENDRICKS zeichnet das beeindruckende Leben eines Mannes nach, der sich nach seinen Kriegserfahrungen geschworen hatte, nie mehr 2. Klasse leben.
Der Film ist auch eine kleine Geschichte des Jazz, von der einst verachteten »Negermusik« zum strahlenden und anerkannten Teil (nicht nur) der amerikanischen Kultur.
 
Kurt Otterbacher